Der neue Horror-Arbeitsplatz – eine Halloween Geschichte

Michael freute sich. Bald würde er seinen neuen Job anfangen. Er hatte jahrelang in einem Betrieb gearbeitet, bei dem er zwar glücklich war, aber es gab keine neuen Herausforderungen und keine Chancen, sein Potential weiter zu entfalten. Er sass oft stundenlang da, drehte sich auf seinem Bürostuhl herum, holte sich zum Xten mal einen Kaffee oder stand am Arbeitstisch und zappelte auf der Kybun Matte unter seinen Füssen herum. Er konnte seinen Job im Schlaf und seine Langeweile spiegelte sich in seinem unruhigen Gezappel wider.

Freudig wachte Michael am Morgen seines Arbeitsantritts auf. Er war so aufgeregt, er wäre beinahe über seine Runningschuhe gestolpert. Ab ins Bad, duschen, umziehen, Zähne putzen und auf den Bus. 30 Minuten später war er da. An seinem neuen Arbeitsplatz in der Stadt. Er holte sich noch einen Kaffee an der Ecke, holte tief Luft und trat dann ins schöne, saubere Gebäude ein.

Es war bereits Vormittag, als Michael nach der Begrüssung und dem Rundgang endlich an seinen Arbeitsplatz geführt wurde. Wie er es erwartet hatte: Der moderne Designerschreibtisch und der dazugehörige Stuhl wirkten wie neu und passten perfekt in dieses helle Gebäude. Er nahm Platz und, «autsch!», der Stuhl kam ihm etwas hart vor. «Nur nichts anmerken lassen am ersten Tag», dachte er sich.

«Lesen Sie erst mal die Bürorichtlinien und machen Sie sich mit der Unternehmenskultur vertraut», meinte die Chefin und startete das Online Programm, dass Michael durch die wichtigsten Informationen führen sollte. Sie liess Michael alleine..

Der Bürostuhl wurde leider nicht bequemer. Von Minute zu Minute schmerzte Michael’s Hintern mehr und mehr und er stellte fest, dass er den Stuhl nicht weit genug nach unten lassen konnte. Sogar in der untersten Position musste er sich etwas vorn über beugen, um die Tastatur zu bedienen. Höhenverstellbare Tische? Fehlanzeige. Er kroch unter den Tisch. «Es muss doch sein, dass man den Tisch wenigstens in der Grundhöhe anpassen kann.» murmelte er. Er suchte und suchte als plötzlich eine Stimme sagt: «Alles in Ordnung?» Einer der neuen Kollegen schaute etwas amüsiert aber auch besorgt zu Michael runter. Wie peinlich. Er wurde rot. «Ich, äh… Ich wollte nur schauen, ob ich den Tisch in der Höhe einstellen kann.», stammelte er. «Höhe einstellen?» meinte der Kollege, «wieso soll man diesen denn anders einstellen können?» Jetzt war Michael verwirrt. Ja, wusste dieser Typ denn nicht, wie wichtig die richtige Grundeinstellung bei der Büroarbeit war? Sein Rücken schmerzte jetzt schon von der komischen Sitzhaltung auf dem harten Stuhl und dem tiefen Tisch!

Der Nachmittag kam und auch nach dem sitzenden Mittagessen war Michael nicht wohler zumute. Er arbeitete sich durch das Onlineprogramm als ein Satz seine Aufmerksamkeit weckte. Auf einmal war er hellwach! «Die Mitarbeitenden werden angewiesen, Störungen, Lärm und Unruhe zu vermeiden. Herumgehen im Büro soll auf ein Minimum reduziert werden.» Michael war sprachlos. Er hatte sich doch extra antrainiert, oft Wasser und Tee holen zu gehen, beim Telefonieren Herumzugehen und den Drucker etwas weiter vom Arbeitsplatz zu installieren, damit er zu mehr Bewegung kommt. Ja wissen die hier denn gar nichts?! Er wurde langsam wütend. Sein schmerzender Hintern, der steife Rücken und jetzt langsam auch die angespannte Nackenmuskulatur milderten dies nicht gerade.

Am Nachmittag hatte Michael genug. Er marschierte ins Büro der Chefin und sagte: «Mein Bürostuhl ist hart, der Tisch zu tief. Mir tut alles weh. Gibt es eine Möglichkeit, einen eigenen, ergonomischen Stuhl und einen höhenverstellbaren Tisch zu kriegen?» Die Chefin schaute ihn erstaunt an. «Wieso?» fragte sie. Michael konnte nicht glauben, dass er diese einfache Grundregel wirklich erklären musste. Nach einer langen und gründlichen Erklärung zu Ergonomie am Arbeitsplatz, lehnte sich die Chefin im Stuhl zurück, seufzte, und erklärte knapp: «Wir haben kein Budget für neue Möbel.» Das sass. Michael wusste, er war noch neu und musste die Situation retten und der Chefin zeigen, dass er durchaus zu einem Kompromiss bereit wäre. «Was, wenn ich die Kosten selbst übernehme?» Die Chefin schaute Michael prüfend an und ihr Blick nahm strenge Züge an. Nach ein paar Sekunden des Schweigens sagte sie schliesslich: «Hören Sie, unsere Büroräume wurden nach unserer Corporate Identity eingerichtet. Wir können hier nicht einfach jedem erlauben, eigenes Mobiliar mitzubringen!».

Michael war wie vor den Kopf gestossen, als er zurück an seinen Arbeitsplatz ging. Als er nachts im Bett lag und sich seiner verspannten Muskeln nochmal so richtig bewusst wurde fasste er einen Entschluss. Am nächsten Tag reichte er die Kündigung ein. Ein Arbeitsplatz, der zwar wunderschön ist, aber keine Möglichkeit bietet den natürlichen Bewegungsdrang des Menschen zu fördern. Da würden die chronischen Rückenschmerzen nicht lange auf sich warten lassen.

Was für ein Horror!

Kommentare

Keine Kommentare

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder