Experteninterview mit Carlo Schmuki von ErgonLife

Ergonomie hat viele Gesichter. Während wir die entsprechenden Büroeinrichtungen liefern, erstellt Carlo Schmuki von ErgonLife Arbeitsplatzanalysen, berät Mitarbeiter, Schulen und Industriebetriebe vor Ort und klärt auf. Wir sprachen mit unserem langjährigen Partner über unser gemeinsames Kernthema, die Ergonomie am Arbeitsplatz.

1. Herr Schmuki, Sie bieten Beratungen und Arbeitsplatzanalysen im Bereich Ergonomie an. Was ist Ergonomie – in Ihren eigenen Worten?

Ergonomie ist die Wissenschaft der menschengerechten Arbeitsweise, d.h. die Arbeit sollte so gestaltet sein, dass sie dem Menschen angepasst ist. Doch wie ist das möglich? Bei jeder Arbeit sind wir Belastungen ausgesetzt, wie z.B. schwere Lasten tragen, repetitive Tätigkeiten oder auch langes Sitzen. Wenn wir diese Belastungen mit verschiedenen Massnahmen reduzieren oder sogar verhindern können, sind die Auswirkungen auf den Körper weniger gross, sprich wir haben weniger Beschwerden, ein besseres Wohlbefinden und sind somit auch leistungsfähiger.

2. Wo sehen Sie heutzutage den grössten Handlungsbedarf?

Überall wo wir uns aufhalten, bewegen oder eine Arbeit ausführen, ist die Umsetzung der Ergonomie sinnvoll. Da jeder Mensch ein Individuum ist, hat er andere Voraussetzungen und reagiert auch anders auf Belastungen. Wichtig ist, dass die Leute verstehen, um was es geht, dass sie wissen, was sie optimieren können und schlussendlich auch motiviert sind, diese Veränderungen im Alltag umzusetzen. Sicher gibt es immer mehr Dienstleistungsbetriebe und demzufolge mehr Bildschirmarbeitsplätze, was heisst, dass dort auch ein grosser Handlungsbedarf besteht.

3. Was sind die häufigsten Fehler, denen Sie bei Ihrer Tätigkeit begegnen?

Wenn ich im Speziellen die Arbeit am Bildschirmarbeitsplatz betrachte, so ist vielfach das Nichtwissen von Einstellungen (Bürostuhl, Tisch oder Monitor) die Ursache von Fehlhaltungen und Fehlbewegungen, was dann eben zu Beschwerden führen kann. Gerade einen Bürostuhl richtig einzustellen, kann z.T. grosse Wirkung zeigen.

4. Sie erwähnen auf Ihrer Webseite, dass man "schädigende Belastungsfaktoren" reduzieren kann. Welche sind das?

Je nachdem, wie wir unseren Arbeitsplatz eingerichtet haben und unsere Arbeit ausführen, sind wir Menschen grösseren und kleineren Belastungen ausgesetzt, wie z.B. ungenügendes Licht, unbehagliches Raumklima, unpassende Arbeitshöhen, Zeitdruck, mangelnde Platzverhältnisse oder schwere Lasten tragen. Aber auch die persönlichen Eigenschaften wie das Bewegungsverhalten, die Fitness oder die Organisation sind massgebend, wie wir mit den vorhandenen Belastungen umgehen können. Es ist immer eine Frage des Gleichgewichts zwischen den Belastungen und den Eigenschaften, die wir mitbringen. Bei einem Ungleichgewicht sind die Auswirkungen, die sogenannte Beanspruchung, auf den menschlichen Körper viel grösser und können zu Beschwerden führen. Darum müssen die «gesundheitsgefährdenden» Belastungsfaktoren soweit möglich reduziert und die Eigenschaften des Menschen besser ausgenutzt werden.

5. "Wo realisierbar, ist ein Wechsel zwischen sitzender und stehender Arbeit zu ermöglichen." Die Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz findet klare Worte zu unserem Herzensthema "Stehen und Sitzen am Arbeitsplatz". Höhenverstellbare Schreibtische sind heutzutage weit verbreitet. Worauf sollte man beim Kauf eines solchen Tisches achten?

Wichtig ist, dass sich der Interessent von einer Fachperson gut beraten lässt und auch einige Modelle ausprobiert. Ein höhenverstellbarer Tisch (zwischen 65-125 cm) muss meiner Ansicht nach sehr stabil sein, über eine gute Mechanik und ev. auch Elektronik verfügen, die problemlos und einwandfrei funktioniert. Der Tisch muss so handlich verstellbar sein, damit er auch benutzt wird, obwohl es am Anfang immer eine «Kennenlernphase» braucht. Nebst dem hat ein Tisch eine Mindesttiefe von 80 cm und eine Mindestbreite von 120 cm, die Farbe ist nicht zu dunkel und v.a. matt, damit es keine Blendung gibt.

6. Der Wechsel zwischen Sitzen und Stehen im Büro ist einer von vielen Faktoren, wenn es um Gesundheit im Büro geht. Wohin geht der Trend im Bereich Ergonomie am Büroarbeitsplatz Ihrer Meinung nach?

Da es sich beim Bildschirmarbeitsplatz um eine v.a. sitzende Tätigkeit handelt mit einer häufig dauerhaften Fehlhaltung und dadurch v.a. Rückenbeschwerden, ist ausreichend körperliche Aktivität sehr wichtig. Wie erreiche ich das? Am Arbeitsplatz kann ich aktive Pausen machen mit Ausgleichsübungen, oder ich ändere oder wechsle häufig meine Körperhaltung (Sitzen, Stehen, Laufen zum Drucker, gehen an Ort beim Telefongespräch oder auch die Durchführung von Stehmeetings). Eine sehr gute Integration von Bewegung im Alltag ist das Zurücklegen des Arbeitsweges oder eines Teilstückes mit dem Velo oder zu Fuss. Auch eine genügende Rumpfstabilität ist wichtig für die Bildschirmarbeit und kann mit einem Übungsprogramm zu Hause, in einem Fitnesscenter oder in einer Gymnastikgruppe verbessert werden. Nebst der optimalen Infrastruktur und der Instruktion der Einstellungen sollte meiner Meinung nach der Trend im Bereich Ergonomie am Büroarbeitsplatz in Richtung mehr körperliche Aktivität gehen.

7. Was kann ich tun, wenn mein Unternehmen keine genügend ergonomischen Strukturen bietet?

Ich als Arbeitnehmer kann die vorgesetzte Person auf die Problematik aufmerksam machen und fragen, ob ein Projekt geplant ist, oder ob die Idee der Ergonomie weiterverfolgt werden kann. Oder man wendet sich an die Abteilung Human Resources, die vielfach zuständig ist für das Gesundheitsmanagement, den Sicherheitsbeauftragten oder an die Personalkommission. Wichtig ist auch, dass ich mitdenke, eigene Ideen weiterleite, mögliche Lösungsansätze vorschlage und so mein Engagement zeige. Konstruktive Kritik hat meist mehr Erfolg.

8. Welche Bewegungsprogramme am Arbeitsplatz lassen sich gut umsetzen?

Bewegungsprogramme sind dann effektiv, wenn sie den Mitarbeitenden angepasst und auch organisatorisch im Betrieb verankert sind. Wichtig ist nicht unbedingt welches Bewegungsprogramm, sondern dass überhaupt aktive Pausen gemacht werden und mit einfachen Bewegungen den Muskelverspannungen vorgebeugt werden kann. Doch wie ist das umsetzbar, und wie werden die Mitarbeitenden erinnert? Da kann ein Flyer, Pultaufsteller, ein Internetprogramm oder eine App auf dem Handy sicher hilfreich sein. Ideal ist immer, wenn in einer Gruppe die Übungen gemacht werden, ev. auch kombiniert an einem Teamrapport oder anschliessend an eine allgemeine Pause. So können sich die Mitarbeitenden gegenseitig unterstützen.

Danke Herr Schmuki!

 


 

ErgonLife ist spezialisiert auf die optimale, menschengerechte Arbeitsgestaltung mit Anpassung der Einrichtungen und der Verhaltensweise am Arbeitsplatz. Die Zielsetzung der verschiedenen Angebote ist die gesundheitsgefährdenden Belastungen am Arbeitsplatz zu erkennen und mit verschiedenen Massnahmen die momentane Situation in ergonomischer Hinsicht zu verbessern. Das Resultat ist eine bessere Gesundheit und ein besseres Wohlbefinden. Carlo Schmuki ist Ergonom ErgonPT® und Physiotherapeut FH und berät und schult Firmen wie auch Einzelpersonen im Bereich der Ergonomie und Gesundheitsförderung. Mehr Informationen finden Sie auf www.ergonlife.ch.

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