Gesund im Büro: who cares? 2.Teil

Durchschnittlich ist der Schweizer Arbeitnehmer laut eines OECD Berichts vom Januar 2014 acht bis neun Tage pro Jahr krankheitsbedingt nicht arbeitsfähig. Dies entspricht – bei einem Bruttolohn von 6‘000 Franken und unter Berücksichtigung sämtlicher weiterer Kosten (Lohnnebenkosten, Infrastruktur, etc.) einem Betrag von rund 600 Franken pro Krankheitstag, welche zulasten des Arbeitgebers gehen. Autsch sag ich da nur.

In meinem letzten Artikel habe ich Ihnen von den drei Ebenen erzählt, die uns beim Thema „Arbeit und Gesundheit“ beschäftigen:

1.     Gesundheitszustand der Mitarbeitenden

2.     Arbeitsbedingungen im Büro

3.     Arbeitszufriedenheit und körperliche Aktivität

Heute schauen wir uns das Thema „Gesundheitszustand der Mitarbeitenden“ genauer an. Denn wie Sie ja wissen, liebe Leserin, lieber Leser, ist der Arbeitgeber von Gesetzes wegen verpflichtet, alles zu verhindern, was die Gesundheit seiner Mitarbeitenden gefährden könnte. Glücklicherweise hört es beim Schutz vor Gefährdung jedoch nicht auf. Denn das was eigentlich jeden Arbeitgeber interessieren sollte, nämlich „Wie geht es meinen Mitarbeitenden?“, ist eine Fragestellung, die so auch gesetzlich verankert ist: Der Arbeitgeber ist von Rechts wegen verpflichtet, auf die Gesundheit seiner Mitarbeiter zu achten und diese zu schützen.

Der Arbeitgeber ist kraft seiner Fürsorgepflicht gemäss OR 328 Abs. 2 verpflichtet, zu achten auf des Arbeitnehmers

-Leben
-Gesundheit
-Integrität. 

https://www.arbeitgeberfuersorge.ch/gesundheitsschutz

Dies tut er nicht nur für den Mitarbeiter, sondern im Grunde auch im eigenen Interesse. So ist jedes Unternehmen abhängig von gesunden, leistungsfähigen Mitarbeitenden. Nur wo wird es zu viel des Guten? Wo ist die Grenze zwischen Interesse am Gegenüber und Verletzung der Privatsphäre? Die Frage nach dem Gesundheitszustand kann schnell zur Gratwanderung werden.

 

Wie weit ist Mitarbeitergesundheit wirklich noch Privatsache?

Ja natürlich ist Gesundheit Privatsache jedes einzelnen, ganz klar. Gleichzeitig lässt sich jedoch nicht abstreiten, dass der Arbeitgeber, quasi Einkäufer von Arbeitsleistung des Mitarbeitenden, von ebenjener abhängig ist. Hat der Arbeitgeber, welcher auf gesunde, leistungsfähige Arbeitskräfte zählen können muss, somit nicht das Recht, auch etwas über deren Gesundheitszustand zu erfahren? Dr. med. Dirk Lümkemann, Sportmediziner und Gesundheitsberater, sagt hierzu: „Gesund zu sein ist notwendige Voraussetzung für berufliche Leistungsfähigkeit. Und weil der Gesundheitszustand vor allem durch die eigene Lebensführung beeinflusst wird, ist es keinesfalls Privatsache, wie gesund ein Mitarbeiter sein Leben gestaltet.“ Ein klares Statement zugunsten der Offenlegung des Gesundheitszustandes.

Verstehen Sie mich nicht falsch, jeder hat doch ein Recht auf Privatsphäre. Trotzdem muss ich als Chefin doch auch die Möglichkeit haben, bei meinen Leuten fragen zu dürfen, ob es ihnen gut geht. Aus Fürsorge, nicht aus personalpolitischem Kalkül. Die Arbeitgeber sind nun mal angewiesen auf unser aller gesund sein oder nicht sein. Und ganz nebenbei: ich interessiere mich für die Menschen, mit denen ich Tag für Tag zusammenarbeite…

 

Und, wie geht es Ihnen heute?

Haben Sie schön brav Ihre Fitnessübungen gemacht? Die Treppe genommen? Sich in der Kantine ausschliesslich an der Salatbar bedient? Klar gibt es auch zu viel des Guten. Doch egal wie wir es drehen und wenden, wir hängen alle mit drin. Schliesslich sind wir voneinander abhängig. Denn so sehr das Unternehmen seine Leute braucht, damit das Geschäft läuft, so sehr brauchen wir ihn doch alle… unseren Zahltag.

Doch Spass beiseite, jeder Mensch besitzt einen mehr oder weniger ausgeprägten Verantwortungssinn und hat Interesse daran, das eigene Leben geniessen zu können, nicht wahr? Wieso nur scheint dieser Sinn bei manchen Exemplaren der Spezies Büromensch in Ruhemodus zu verfallen, sobald sie morgens über die Türschwelle ihres Büros treten? Wir lümmeln im Bürostuhl rum, leeren literweise Kaffee und anderen Trash in uns hinein, starren mit steifem Nacken in die viereckige Sonne vor uns. Bewegung? Fitness? Über Mittag, an Feierabend, am Wochenende. Ich frage: wieso warten?? Wir alle wissen es: Prävention ist besser (und günstiger!) als heilen. Liebe Büromenschen da draussen, fragt euch einfach mal: Wie möchte ich mein Leben leben? Was bedeutet mir Gesundheit? Unser Wohlergehen macht nicht vor der Bürotür Halt, wir können nicht mal eben 8 Stunden lang auf Pause drücken. Meine Empfehlung: bringen Sie dieses Thema bei sich im Büro auf den Tisch! Sagen Sie wie es Ihnen geht, warten Sie nicht darauf, gefragt zu werden. Keine falsche Scheu, schlussendlich profitieren alle davon.

 

Gesundheit am Arbeitsplatz: Aus Recht wird Pflicht

Wer nichts von sich aus sagt, der muss halt gefragt werden, so meine Devise. Vorher muss ich mir aber überlegen, was ich mit der Antwort anfange, die ich erhalte. Denn wer sich aus der obengenannten Pflicht des Arbeitgebers das Recht herausnimmt, sich mit dem Thema „Gesundheit meiner Mitarbeitenden“ auseinanderzusetzen, der steht wiederum in der Pflicht. Wie handle ich, wenn die Antwort auf meine Frage nach dem Wohlergehen nicht so ausfällt wie ich es erwarte… oder es gerne hätte? Ich muss also bereit sein, die Verhältnisse zu optimieren und Unterstützung anzubieten. Möglichkeiten dazu gibt es zahlreiche: Gesundheitsangebote, präventive Massnahmen wie Sitz-/Stehtische, Informationsveranstaltungen, Ergonomiecoachings, Workshops, Fitnessabos, noch mehr Information,… Und ich kann noch etwas tun: Die Rahmenbedingungen so setzen, dass es meinen Mitarbeitenden möglich ist, ein gesundheitsförderndes Freizeitverhalten zu entwickeln. Auf Neudeutsch: für eine ausgewogene Work-Life-Balance zu sorgen. Und dann mit gutem Beispiel vorangehen. Das heisst nicht, dass alle Chefs ab sofort zum Marathon-Training antreten müssen. Es können kleine Dinge sein, wie die Treppe zu nehmen anstatt den Lift, oder ein Mitarbeitergespräch beim Spaziergang im Freien abzuhalten. So schaffe ich ein neues Gesundheitsverhalten, ohne schulmeisterlich mit dem Zeigefinger zu wedeln.

Ich behaupte: gesundes Verhalten ist ansteckend. Wie sehr Vorbild sind Sie?

Fakt ist, es besteht eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Und Sie sehen, wir sind wieder beim Optimieren von Verhalten und Verhältnissen angelangt. Wie können wir also daraus eine Win-Win-Situation machen? Was kann der Arbeitgeber tun, um seine Mitarbeitenden beim Thema Wohlergehen zu unterstützen? Diesen Fragen gehen wir im nächsten Artikel der Serie auf den Grund.

Wie wird das Thema „Arbeit und Gesundheit“ bei Ihnen gehandhabt? Wer tut was um gesund zu bleiben? Ich bin gespannt auf Ihre Rückmeldungen!

 

 

Kommentare

Keine Kommentare

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder