Lärm in Büro - wenn Ruhe zum Luxus wird

Waren Sie schon einmal an einem Ort, an dem absolute Stille herrschte? Ich meine wirklich vollständige, reine Stille? Kein vorbeifahrendes Auto, kein undefinierbares Rauschen, kein Vogelgezwitscher – einfach nur… Nichts! Die mehr oder weniger diffuse Geräuschkulisse ist unser ständiger Begleiter, ob wir sie nun wahrnehmen oder nicht. Und so sind unsere Ohren ständig auf Empfang. Gerade auch im Büro kann uns Lärm jeder Art zu schaffen machen. Bedenken wir jetzt, dass der gemeine Büromensch zwischen 70‘000 und 80‘000 Stunden seines Lebens am Arbeitsplatz verbringt, lohnt es sich, hier mal genauer hinzuschauen, beziehungsweise zu lauschen.

Wir wissen, dass Lärm zu Stress führen kann. Wir wissen, dass Lärm ablenkt und die Konzentration schwächt. Ja wir wissen sogar, dass Lärm krank machen kann. Was oft vergessen wird ist, dass auch Büromenschen von Lärm geplagt werden. Im Zusammenhang mit Lärm am Arbeitsplatz denken wir doch eher an presslufthammergeplagte Bauarbeiter oder Gastromitarbeiter, die in der Disco nicht ohne Lippenlesen auszukommen scheinen. Gerade wenn wir uns konzentrieren wollen, kann jedes noch so unscheinbare Geräusch an unserem Nervenkostüm zerren. Denn Lärm nimmt keine Rücksicht darauf, ob wir ihn wahrnehmen wollen oder nicht. Wir können zwar lernen, gewisse Geräusche quasi „wegzufiltern“, doch auch das kostet unser Unterbewusstsein ganz schön Energie.

Lärm im Büro: die Fakten

Lärm ist nichts anderes als störender Schall. Was wir als lärmig empfinden, kommt ganz auf unser persönliches Empfinden, unsere Tagesform und die Art der Arbeit mit der wir uns gerade beschäftigen an. Lärm muss also nicht laut sein, um zu stören. Und was sagt der Gesetzgeber? Die Grenzwerte für „Lärm im Büro“ liegen zwischen 40-65 dB(A), je nachdem um welche Art von Bürotätigkeiten es sich handelt. Zum Vergleich: eine normale Unterhaltung unter Bürokollegen in einem Meter Entfernung hat eine Lautstärke von 60 db(A). Und jetzt stellen Sie sich mal vor, Sie müssten sich konzentrieren, während Herr Meyer und Frau Müller neben Ihrem Arbeitsplatz ein nettes 8-Stunden-Schwätzchen abhalten. Zugegeben, von der menschlichen Stimme lassen wir uns auch schneller ablenken als von anderen Geräuschen. Und auch da kommt es drauf an wer denn da schwätzt. Ist das Plappermaul ein geliebter Mensch, so stört uns das weniger als wenn es der Kollege ist, über den wir uns sowieso schon nerven.

Kommunikation vs. Konzentration

„Wir sehen Kommunikation als Erfolgsfaktor“, so das Credo vieler Firmen. Also raus mit den Bürowänden, rein mit den projektbezogenen Bench Arbeitsplätzen. Alles möglichst open spacig, möglichst luftig, möglichst leicht. Bei so viel Kommunikation bleibt die Konzentration schnell mal auf der Strecke.

Der Balanceakt zwischen Kommunikation und Konzentration ist zum Brandherd in der Büroeinrichtungsszene geworden. Grossraumbüromenschen würden gern die Hände ringen ob der akustischen Belastung, wären diese nicht schon damit beschäftigt, die Ohren zuzuhalten. Okay, ich gebe zu, das mag leicht überspitzt formuliert sein. Doch dass das Thema in den letzten Jahren kaum an Aktualität eingebüsst hat, ist unbestritten. Was ist es denn genau, was uns im Grossraumbüro stört? Die Hochschule Luzern hat dazu eine Studie durchgeführt, die „Schweizerische Befragung in Büros“, und folgende Antworten gefunden:

Faktor Mensch: Das soziale Klima im Lebensraum Büro

Und da ist er wieder, der nichtwegzudämmende Faktor Mensch. Da wir einander schlecht einen Maulkorb anlegen können (auch wenn wir dies manchmal gerne täten), müssen wir wohl oder übel damit leben. Oder? Lärm ist bei weitem nicht nur eine Belastung für den einzelnen, sondern kann zur Bewährungsprobe für das gesamte Team werden. Stichwort Stress, Aggressionen, Grenzüberschreitung? Wie wir ja schon wissen, empfindet jeder von uns Lärm anders. Wir werden vom Schall um uns herum nicht nur empfindlich im Gehörgang getroffen, Lärm kann auch als Angriff auf unsere Intimsphäre empfunden werden. Und so sitzen wir an unserem Bürotisch und wünschen uns, einfach nur ein bisschen mehr Ruhe, bitte einfach nur RUHE. Damit wir die Offerte noch vor Feierabend fertigkriegen. Damit wir den Monatsabschluss ohne Zahlenverdreher durchbringen. Damit wir endlich das schon zigmal aufgeschobene Telefonat mit dem Lieferanten führen können.

Wir trauen uns aber nicht, für die Ruhe einzustehen. Auch wenn es die Sorge vieler sein mag, so leidet oft jeder still vor sich hin. Bis dann irgendwann Massnahmen ergriffen werden, die oft so aussehen: wir stellen akustische Trennwände auf, dann ist das Problem gelöst. Aha. Es ist leider oft einfacher, ein paar Wände hinzustellen, als den Kollegen zu sagen, dass sie ihr Verhalten ändern sollen. Verstehen Sie mich nicht falsch, ja wir verkaufen akustisch wirksame Stellwände und ja wir verkaufen auch Ihnen gerne welche. Nichts gegen akustische Trennwände! Ganz im Gegenteil, richtig eingesetzt bringen diese eine enorme akustische Erleichterung (Mehr dazu hier!). Doch einfach nur Wände ins Büro stellen ist gefährlich. Trennwände haben wie der Name schon sagt eine trennende Wirkung. Fragen Sie sich also ganz zu Anfang, welchen Einfluss solche akustischen Massnahmen auf die Teamdynamik haben. Akustik nachträglich im Büro einzubauen kann kostspielig werden. Es lohnt sich daher, sich von einem Fachmann eingehend beraten zu lassen (Sie dürfen sich auch gerne bei uns melden, wir sagen auch nicht nein…).

Gleichzeitig kann es auch hilfreich sein, sich als Team zu fragen, was man denn selbst tun kann, um das Arbeiten im Büro angenehmer zu gestalten. Ein paar einfache Regeln, an die sich alle halten, können schon einiges bewirken und zu einem höheren Wohlfühlfaktor beitragen.

Akustische Probleme lassen sich nicht fassen, nicht wirklich sichtbar machen. Das macht sie für mich persönlich zu den komplexesten aller Büroeinrichtungselemente.

Bei dem ganzen Lärm um die Akustik müssen wir uns wieder auf das Wesentliche besinnen und uns fragen: Was ist eigentlich gefordert? Wer arbeitet wo und wie sieht der Arbeitsalltag meiner Mitarbeiter aus? Welche Abteilung hat welche Bedürfnisse? Welche Teams müssen zusammen funktionieren und wo stecken die Einzelkämpfer? Tun Sie das nicht alleine, holen Sie sich einen Fachmann ins Boot! Das zahlt sich definitiv aus.

An Lärm kann man sich nicht gewöhnen, sagt Jürgen Hellbrück Psychologe, Lärmwirkungsforscher und Professor für Arbeits-, Gesundheits- und Umweltpsychologie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, im Interview mit Spiegel Online. Lärm kann ganz schön nerven, sage ich. Tun wir was dagegen.

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