Arbeiten mit der Familie - Ein Leidensbericht von Tanja Mäder und Nadja Sternik-Mäder

Tanja (kleine Schwester, geboren 1984)

Grosse Schwestern nerven! Immer wissen sie alles besser und belehren einen. Ein ganzes. Leben. Lang. Sie sind es gewohnt, das jüngere Geschwister herum zu kommandieren – Entschuldigung - ich meine natürlich zu führen. Irgendwie haben sie vergessen, dass das irgendwann (Stichwort: Erwachsensein) nicht mehr nötig ist. Sie sind der verlängerte Arm der Eltern und immer am Schauen, dass man keinen Mist baut. Ergo: Sie geben die besten Führungspersonen ab!

Seit Januar 2018 ist meine grosse Schwester meine Chefin. Was sich geändert hat? Nicht viel. Das Gute daran ist, dass die Rollenverteilung ähnlich geblieben ist. Die grosse Schwester als jemand, die führt. Das kenne ich ja bereits. Man sagt, dass jüngere Geschwister gerne mal rebellieren um sich abzugrenzen. So sehr ich Stereotypen ablehne, manchmal sind sie eben doch wahr. Macht sich aber im Büro nicht gut zu rebellieren. Viele Fragen mich vielleicht gerade deshalb, ob das denn gutgeht, «unter» meiner Schwester zu arbeiten. Meist sind das Leute, die uns seit der Kindheit kennen («kennen») und sehen, wie Grundverschieden wir sind.

Die Wahrheit ist eben, dass wir grundverschieden und uns gleichzeitig sehr ähnlich sind. Das wissen einfach nicht alle. Ich arbeite nicht «unter» meiner Schwester, ich arbeite mit ihr. Denn irgendwann haben wir beide erkannt, dass wir unsere Unterschiede zu unserer Stärke machen können und uns damit ergänzen. Wie Yin und Yang sozusagen. Wir kennen jedoch auch die andere Seite, denn wenn sich Yin und Yang gerade nicht verstehen, kracht es ordentlich. Und ehrlich gesagt, das war auch unsere grösste Sorge zu Beginn. Doch bis jetzt haben wir uns immer gefunden. Der Schlüssel ist meiner Meinung nach Kommunikation und Toleranz für ihre Eigenheiten. Ich meine unsere. Unsere Eigenheiten. Sorry.

Angeblich sind 78 % aller Führungskräfte Erstgeborene. Wie verlässlich diese Quelle ist, weiss ich nicht aber Sinn machen würde das schon. Meinen Sie nicht? Immerhin sind die kleinen Geschwister die ersten Lehrer im Leben von Führungspersonen. In diesem Sinne: «Gern geschehen, Nadja!»

Nadja (grosse Schwester, geboren 1983)

Kleine Schwestern nerven. Immerzu hängen sie einem am Rockzipfel und wollen bespasst werden. Nicht mal Zeit für ein gutes Buch wurde meinem Kindes-Ich gegönnt. Ständig diese Unterbrechungen, immerzu wollen sie wissen was man macht und wieso man jetzt gerade keine Zeit hat, Indianer zu spielen. Dabei ist die Rote Zora halt einfach grad viel spannender.

Dass wir beide jemals zusammenarbeiten würden, hätten wir wohl nie für möglich gehalten. Es gab eine Zeit, da hätten wir wohl beide schallend gelacht (und innerlich gezittert) bei dem Gedanken, auf derselben Lohnliste zu stehen. Tatsächlich klappt es aber erstaunlich gut. Wahrscheinlich wohl, weil wir so unterschiedlich sind. Jede von uns hat ihre Stärken und ihre Schwächen und wir kennen einander zu gut, als dass wir diese voreinander verbergen könnten. Gerade das macht es ja auch so spannend. Da muss man keine Show abziehen wenn man ja weiss, dass einen das Gegenüber ja sowieso lesen kann wie ein Buch.

Damit die Zusammenarbeit unter Schwestern wirklich klappt, muss man vor allem miteinander reden können. Man muss grosszügig miteinander sein und Geschäftliches und Privates strikte trennen. Das versuche ich so gut es geht, denn irgendwo sehe ich es auch als meine Aufgabe an, meine kleine Schwester zu schützen. Als Schwester der Chefin steht sie ja quasi unter Generalverdacht, mehr zu wissen als die anderen. Auf keinen Fall möchte ich, dass ihre Doppelrolle ihr zur Stolperfalle wird. Richtig gelesen: Doppelrolle, nicht Doppelagentin. Mitarbeiterin und Schwester, nicht Spitzel. Darum mache ich auch dem Team gegenüber immer wieder klare Ansagen. Wenn meine Mitarbeiterin Frau Mäder zum Beispiel Home Office macht weil die Katze zum Tierarzt muss, obwohl wir eigentlich nicht wirklich Home Office machen bei uns (oder noch nicht…).

Eben mit Kommunikation untereinander und mit dem Team möchte ich sie in ihrer Doppelrolle beschützen. Sie ist und bleibt halt meine kleine Schwester.

Kommentare

Danke Marvin! Der richtige Weg hat manchmal Sackgassen. Aber dann dreht man halt einfach wieder um ;) Ich hoffe, das klappt auch mit deinen Geschwistern! Liebe Grüsse von Tanja

Hi ihr zwei,

ich bin auch ein Erstgeborener und kenne somit genau das Verhältnis zu den kleineren Geschwistern. Nur wir Geschwister arbeiten nicht miteinander in einem Unternehmen oder Abteilung. Ich finde es echt spannend zu lesen wie das bei euch so klappt und finde es toll wie ihr miteinander umgeht und den richtigen Weg gefunden habt!

Grüße MARVIN@DiCreWo

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder