Halloweengeschichte: Die Büropuppe «Jacques»

Ich wurde zu einem Ergonomiecoaching gerufen, nichts Aussergewöhnliches. Eine IT-Firma wollte gesündere Arbeitsbedingungen für ihre Mitarbeitenden schaffen und suchte eine Beratung vor Ort. Also machte ich mich an einem verregneten Oktobertag auf den Weg.

Der Himmel war wolkenverhangen und der Wind wehte ziemlich stark. Es war einer dieser Tage, an dem man kaum bemerkt, dass es Tag ist. Ich fuhr in dieser dunklen Stimmung zum Kunden und freute mich auf das bevorstehende Coaching.

«Bei der nächsten Abbiegung links», sagte das Navi. Ich bog in eine alte Industrieanlage ein. Rostige Pfützen und heruntergekommene Gebäude. Ich parkte mein Auto und fand nach einiger Zeit des Suchens die Auftraggeberfirma. «Klopf, klopf» – komisch, dass es hier keine Klingel gibt. Es dauerte nicht lange und ein freundlicher Herr öffnete mir die Türe. Ich trat in einen hellen Gang ein, gefolgt von mehr oder weniger schummrig beleuchteten Büros. «Die Beleuchtungssituation muss unbedingt angesprochen werden», dachte ich mir noch. Aber eins nach dem anderen. Ich startete meine Arbeit, gab den interessierten Mitarbeitenden einige Infos über das Thema «Gesundheit im Büro» und tat, was ich immer tue: Ich ging von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz und checkte die Situation ab.

Ich war schon fast durch, als ich zu Peters Arbeitsplatz kam. Peter war ein komischer Kauz. Seine Brille hatte einen Riss, was ihn jedoch nicht zu stören schien. Seine Augen wirkten seltsam starr und seine Haut wirkte etwas kränklich. «Hilfssssst du uns, den Arbeitsplatz einzustellen?» Eine komische Betonung der Worte. Moment, hatte er «uns» gesagt?
Da sah ich sie. Auf seinem Schiebetürschrank hinter dem Pult lag sie in einer komischen, halbsitzenden Position und glotze kalt vor sich her. Eine metergrosse Bauchrednerpuppe mit wirren Haaren. «AH!», dachte ich, «dieses Ding wird mich noch in meinen Albträumen verfolgen».

«Dassss ist Jacques. Er arbeitet auch hier. HIIIIHIIIHIHIHIHIHIIIII»
So eine unheimliche Lache habe ich noch selten gehört. Ich nahm am Rande wahr, wie der Kollege hinter ihm die Augen verdrehte. In seinen Augen lag eine gewisse Unruhe. «Oh, hi äh, Jacques», was Besseres fiel mir nicht ein. «Ich will hier weg.», dachte ich in dem Moment.

«Jacques kann Weltenwandeln… », stimmte Peter an. «Ich bin sicher, dass er das kann», erwiderte ich, «lass uns deinen Arbeitsplatz genauer anschauen, Pet..» «UNSEREN ARBEITSPLATZZZZZZZ», zischte Peter in einer sehr bestimmten Tonlage. Ich musste mir ein Spucktröpfchen aus dem Gesicht wischen. Igitt.

Während ich also Peters Arbeitsplatz inspizierte, fühlte ich den bohrenden Blick dieser Albtraumpuppe im Rücken. «Reiss dich zusammen», dachte ich und konzentrierte mich auf meine Arbeit.

Plötzlich wurde es stockdunkel. Auch das noch. Ein Blackout. Nichts Ungewöhnliches, kein Grund zur Unruhe. Es dauerte nur drei Sekunden und das Licht ging wieder an. Puh! Doch da sah ich es – der Platz, wo mich Jacques eben noch aus seinen toten Augen angestarrt hat, war – leer?»
Mir wurde plötzlich ganz kalt. Wo zur Hölle war Jacques? Dass Peter mich plötzlich wissend angrinste, beruhigte mich absolut nicht.

Als ich endlich im Auto sass atmete ich auf, was für ein schräger Tag. Ich fuhr nach Hause.
Abends im Bett, gingen mir komische Gedanken durch den Kopf.
«Jacques kann Weltenwandeln… », klang es in meinem Kopf. «ARGH! Genug davon», dachte ich. Irgendwann schlief ich endlich ein.
In diesem Traum besuchte mich Jacques. Als ich die Augen öffnete lag er auf meiner Brust, ich konnte mich nicht bewegen, ich war wach, aber … War ich es wirklich?
Seit diesem Traum kommt er immer. Ich weiss nicht, wie ich ihn loswerden kann.

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